Samstag, 25. Dezember 2010

Bye Bye Badman. Hallo Christmas.


Es ist bitterkalt hier! Als ich im August landete, stand das tropische Wetter den Philippinen in nichts nach. Jetzt ist es auch bei Sonnenschein unter -15 Grad. Vielleicht kann mir ein Biologe mal erklären, wie die Vegetation diese Temperaturschwankungen hier mitmacht. Man gewöhnt sich an alles... das gilt wohl auch für Pflanzen.

Eine chinesische Freundin hatte mich gefragt, ob ich Interesse an einem Nebenjob hätte, es ginge darum Englisch zu unterrichten. (Nebenjob heißt auf Koreanisch übrigens Ar[e]beit[e]) Klar, warum nicht. Über ein bisschen mehr Geld freut man sich immer und vielleicht mache ich neue, interessante Erfahrungen.
Eine interessante Erfahrung machte ich tatsächlich. Geld bekam ich allerdings nicht dafür.

Zum verabredeten Termin betrat ich das Gebäude der Hagwon.
Hagwons sind private Lerninstitute. Im Gegensatz zu Deutschland nehmen in Korea nicht nur die schlechten Schüler Nachhilfe, sondern alle, die es zeitlich und finanziell irgendwie unterkriegen können. In so vielen Fächern, wie möglich. Das schöne daran ist, dass Nachhilfe hier gesellschaftlich sehr positiv aufgefasst wird: Nachhilfe heißt, da will jemand was dazulernen. Der negative Effekt ist, dass die Schüler nach der Schule direkt in die Hagwons laufen und erst spät Abends nach Hause kommen. Ich frage mich, ob Kinder hier wirkliche Freizeit haben. In einem Fernsehwerbespot sah ich, wie scheinbar Tabletten propagiert wurden, die das Kind im Unterricht länger aufnahmefähig machen sollen...
Nun war ich also in einer dieser Hagwons. Doch in welchem Stockwerk würde mein Vorstellungsgespräch für den Juno Club stattfinden? Ich versuche das Mädchen neben mir im Fahrstuhl auf Koreanisch zu fragen. Sie antwortet: „What exactly do you wanna know?“ Oh... englisch. Wo der Juno Club ist. „Der ist im 4. Stock. Du unterrichtest also Mathe.“ „Nein Englisch.“ „Hm... also ich unterrichte Englisch und muss in den 5. Stock.“ „Nein“, entgegne ich „ich werde zwar Englisch unterrichten, muss ganz sicher zum Juno Club in den 4. Stock.“

Angekommen im 4. Stock ist alles voller Formeln und Zahlen. Eine Frau begrüßt mich in perfektem Englisch und bittet mich freundlich in ihr Büro. Ich bin erleichtert. Die Englischlehrerin.
„Bei all dem Mathezeugs hier, hatte ich schon Angst bekommen.“, flachse ich.
Sie: „Hä, du wusstest nicht, dass das hier ein Matheinstitut ist?“
Ich: „Nein, ich soll ja auch Englisch unterrichten... oder?“.
Die Frau mustert mich eine Weile und sagt dann: „Autsch!“. Es stellt sich heraus, dass sie Mathelehrer suchen, die Mathe in englisch Unterrichten.
„Tut mir Leid, das kann ich nicht! Ich hab seid der Highschool nichts mehr mit Mathe zu tun gehabt.“
„Mochtest du Mathe?“
„Nein, überhaupt nicht. Und ich war auch nie besonders gut.“
Um zu illustrieren, wie schlecht ich bin, erzähle ich von meinem Nebenjob an einer deutschen Grundschule und dass ich dort bei der Hausaufgabenhilfe in Sachen Mathe immer wieder an meine Grenzen stoße.
„Aha“, sagt die Frau triumphierend, „du hast also schon mal Mathe unterrichtet! Grundschule ginge also.“
„Naja... nein, ich bin in Mathe sehr unsicher und würde mich total unwohl fühlen. Abgesehen davon kenne ich die englischen Fachbegriffe nicht. Ich bin echt ungeeignet. Oder seid ihr etwa so verzweifelt?“
„Ja!“
Inzwischen ist der Leiter Hagwon eingetroffen. „Oh, du siehst sehr gut aus.“, sagt er beim Reinkommen und bedauert es, dass er mich nicht persönlich im Juno Club empfangen konnte. Er hatte sich extra deutsche Begrüßungsfloskeln zurechtgelegt, die er mal in der Schule gelernt hatte.
Er stellt mir eine Textaufgabe, in der es um Multiplikation im 1000er Bereich geht, weil er sehen will, ob ich wirklich so schlecht bin, wie ich behaupte. Daraufhin rede ich mehr darüber, wie ich diese Aufgabe didaktisch aufbereiten würde. Den eigentlichen Lösungsweg reiße ich nur theoretisch an. Ich will mir nicht die Blöße geben am Kopfrechnen zu scheitern.
„Ja super, das geht doch. Wir denken, mit ein bisschen Vorbereitung kannst du auf jeden Fall unsere Grundschüler unterrichten.“
„Ne halt mal, wie macht man das denn nun? Man schreibt die große Zahle hier hin, setzt dahinter ein „x 3“ und zieht dann hier drunter so einen Strich? Und dann... äh so das mal dies und so? Jedenfalls habe ich das in Deutschland mal so gesehen...“
„Klar... ich denke das ist universell.“, erwidert die Frau lachend – irritiert lachend?
Sie wollen, dass ich 5 mal die Woche 4 Stunden arbeite, ich handle es auf 2 Nachmittage runter. Am gleichen Abend wollen sie mich anrufen. Sie riefen nicht an. Das war am 22. Dezember.

Am 24. beim Frühstück klingelt mein Handy. Yonghui! Auf der Suche nach einem Nebenjob stieß er auf eine Anfrage, die mich interessieren könnte. Eine Koreanerin sucht einen deutschen Muttersprachler, der sich acht mal mit ihr trifft um einfach ein bisschen Deutsch zu sprechen. Die Bezahlung ist nicht schlecht. Sofort sage ich zu und rufe kurz drauf den Juno Club an. Ich entschuldige mich und erkläre, dass ich mir wirklich nicht vorstellen kann Mathe zu unterrichten. Außerdem war mir inzwischen aufgefallen, dass ich visumstechnisch nur bin Mitte Februar arbeiten könnte. Nur dieses Argument bringt meinen Gesprächspartner zur Aufgabe. Sie hätten inzwischen viele Vorstellungsgespräche geführt und ich sei angeblich der Beste Bewerber gewesen. Na, da bin ich mir nicht so sicher... ich als Mathelehrer, das hätte mich schon auch gereizt! Aber der andere Job ist einfach passender, lukrativer und vor allem weniger Zeitaufwendig. Die Leute vom Junoclub wollen trotzdem mal mit mir was trinken gehen.

Heiligabend war richtig schön!! Weihnachten ist hier für die meisten einfach nur ein guter Grund für Party; und für Pärchen eine Art zweiter, romantischer Valentinstag. Ich war mit Freunden abends in Hongdae in einem Indie-Rock-Club. Das Ticket war mit kostenlosen Drinks und freiem Eintritt in anderen Clubs verbunden. So konnten wir beliebig zwischen Musik zum Tanzen und Livemusik wechseln. Im Indieclub kam fast jede halbe Stunde eine neue Band auf die Bühne. Das war sehr interessant und meistens überraschend gut.
Um drei Uhr sind wir in eins der vielen stylischen Cafes gegangen um gemütlich was Heißes zu trinken und ich habe kurz mit meiner Familie in Deutschlad geskyped, die gerade am Fonduessen waren. Das war trotz der guten Musik und dem netten Partyvolk das Beste am Abend.
Danach gings noch lecker Chicken essen und morgens war ich ich dann tatsächlich um 8 im Bett und habe prompt den Weihnachtsgottesdienst mit englischer Simultanübersetzung verschlafen. Naja, morgen ist ja auch noch Weihnachten.
Außerdem ist mir aufgefallen: Weil Weihnachten hier, jedenfalls für deutsches Empfinden, so wenig weihnachtlich ist, bin ich mehr denn je dazu aufgefordert mich wirklich mit der Weihnachtsbotschaft auseinanderzusetzen. Ich musste Weihnachten richtig aktiv suchen und war nicht durch den – sicherlich wunderbaren – Spirit of Christmas aus Glühwein und Lebkuchen abgelenkt. Gott wurde Mensch, damit wir ihn besser kennenlernen und weil er unser Freund und Retter sein will. Nicht, weil wir uns danach fühlen oder Weihnachten perfekt gestaltet haben. Sondern weil nichts perfekt ist, so vieles daneben geht und Gott uns trotzdem liebt.

Jetzt die Band, die ich gestern unter all den coolen Auftritten am besten fand: „Bye Bye Badman“. So cool wie The XX, so gefühlvoll wie Keane und sie hauen so rein wie Muse. Natürlich mit ganz eigenem Stil und einem unglaublichen Keyboarder, der mit seinen Synths die derbsten Soli hinlegt. Wer ein bisschen Zeit hat, kann hier gleich 2 Lieder hören (das 2. etwas seichtere Stück fängt nach ca. 4 Minuten an).



Liebe Grüße,
Jonathan



Freitag, 10. Dezember 2010

so siehts aus [update]

Touristen- und Kleinkunstviertel Insadong. Hat ganz anderes Flair als der Rest der Stadt...
... grün, individuell und trotzdem Seoul.
Blick auf den Dankook-Campus. Im Hintergrund ein Meer von Apartmenthäusern... ich glaube die machen 80% der Stadt aus. Irgendwo müssen die 20 Mio. ja leben.
The Gangnam! Das Businessviertel.
Tradition trifft auf Moderne. Gyeongbokgung-Palast im Herzen der Stadt.
Für den König.
Ein Strand an der Westküste...
...dort war ich spontan eine Woche nach meiner Ankunft.
Drei originale Teile der Berliner Mauer mit einem Grußwort der Stadt Berlin. Deutsche Geschichte berührt koreanischen Alltag.
Eine der extrem vielen Werbungen für Schönheitsoperationen.
Die plastische Chirurgie Koreas scheint der Leuchttafel nach an Hexerei zu grenzen.
Welche Kaffee-Kette wird das wohl sein?! ^^
So wird die Hochhausfassade bei Nacht zur Leinwand.
ein bisschen Seoul vom Namsan-Berg aus.
Der Namsan-Tower... hinter traditioneller Baukunst.

Das perfekte Frühstück nach einer Nacht mit Norebang (Karaoke), Soju (Schnaps) und Jjimjilbang (Sauna).

Snowboarden bei Mondschein. An die Trennung von Ski- und Snowboardfahrern hat sich niemand gehalten.

Leckaaaa!

Mein neues Lieblingscafé im Studentenviertel Hongdae.

Montag - Freitag. Von 9-13 Uhr.

Royale Kleidung vergangener Jahrhunderte.


Teil der alten Verteidigungsanlage der Stadt Suwon.
Ich mag an diesem Bild vorallem die Farben.

Nicht der einzige Gottesdienstsaal im 8. stöckigen Gebäude der Kirche, die ich refgelmäßig besuche.


Atemberaubend schön! Eine Grünteefarm im Süden des Landes.
Liebe Grüße. Euer Jonathan.





Ps.: Das Musikvideo darf natürlich nicht fehlen. Diesmal "Girls' Generation", diese 9 köpfige Girlgroup ist der Traum aller koreanischen Männer. Nicht ganz so billig wie die amerikanischen Pussy Cat Dolls, aber vermutlich nicht weniger berechnend. Welche von denen ich am besten finde, werde ich häufig gefragt. "Äh, wahrscheinlich diese eine da... die da so tanzt und singt... oder war es die andere, die dahinten links auch so singt und rumtanzt? Nein, jetzt weiß ichs. Es ist die, die haargenauso aussieht wie alle anderen da!" ... haargenauso schön, versteht sich.